22.2.2024 Vila do Bispo – Macussa

Irgendwie Glück gehabt mit dem Wetter. Vormittags konnten wir am Bus noch draußen frühstücken, aber eine Stunde später kam der Regen und gegen 13/14 Uhr sind wir Richtung Lissabon, Macussa gefahren. Heute galt es Strecke zu machen, 350 Kilometer Richtung Norden, teilweise Regen und auch viel Wind, der vom Atlantik ins Landesinnere fegt. Unsere Stimmung ist etwas mau und dem Wetter angepasst. In Macussa werden wir auf Konrad treffen, der vor knapp 2 Jahren ausgewandert ist. Konrad, ehemaliger Mitbetreiber von Moms Table in Augsburg und in der V-Partei sehr aktiv. Jetzt wohnt er dauerhaft in Macussa/Portugal und betreibt hier das Quinta Vale de Lobos Refugium. www.salida.me. Wir kommen an und stehen erstmal vor einem verschlossenen Tor und warten. Es ist kalt geworden und irgendwann erreichen wir Konrad und sind erstmal überfordert über das stilvolle Ambiente im Haus, dass wir betreten, aber lange hält es nicht an, denn zwei Jungs im Kindergarten- und Grundschulalter toben herum. Das Haus wird gerade nur von männlichen Lebewesen bewohnt. Franz und seine Kinder, der hier zur Zeit die baulichen Veränderungen in der Hand hat, allerdings in Schweden wohnt und Jürgen der etwas abseits, temporär in seinem Tiny House sehr zufrieden lebt. Wir kochen und ratschen lange bis kurz vor Mitternacht und entschließen uns nicht im Bus zu schlafen, es regnet und stürmt, um doch lieber die Annehmlichkeiten eines Hauses zu genießen. Wir haben auf unserer Reise, gerade hier in Portugal, verschiedene „Aussteiger:innen“, getroffen. So wie hier Konrad, die junge Familie, die seit 6 Monaten unterwegs ist und eine Community sucht. Die Alt- und Neuhippies, die junge Frau die mit selbstgemachten Schmuck ihr Geld verdient, um sich und ihre Hunde zu versorgen, die Hardcore Surfer:innen, die Drogenabhängigen, die Winteraussteiger:innen, den jungen Mann der mit „schwachen Schnürsenkel“ unterwegs ist, kein Handy, kein Zelt hat. Was treibt diese Menschen alle an ? Was verbindet sie alle? Was verbindet, ist bei allen die Flucht vor dem Winter, dann bei einigen die Gestaltungsfreiheit hier in Portugal. Ist das eine auf die Spitze getriebene Egoindividualisierung, mit seiner scheinbar unbegrenzten „Freiheit“ und Spaßkultur ? Womöglich wird diese Freiheit einigen bald genommen werden, denn die Polizei setzt nach und nach Drohnen ein, um illegale Bauten aufzuspüren und aufzulösen. Ist diese Möglichkeit sein Ursprungsland zu verlassen auch ein Vorteil der EU oder nur Ausdruck einer politischen Verdrossenheit, Reglementierung im jeweiligen Ursprungsland (viele Holländer, Engländer, Franzosen )oder der Ausdruck eines zu viel, einer Wachstum – und Konsumgesellschaft die vom Staat gewollt, gefördert wird, der aber das Thema Glück, Zufriedenheit seiner Bürger vernachlässigt? Im Alltag der politischen Zwänge und Profilierungssucht, auch Machtgeilheit, weder auf die Natur noch den Menschen Rücksicht nimmt? Wer es sich finanziell leisten kann geht, einige stolpern, bleiben auf der Strecke, andere nicht. Wollen wir den Zusammenhang zwischen der Zerstörung der Natur, der damit sich erschließenden Geldgeilheit und dem Erkranken, den Leiden vieler Menschen, an sich selber ( Sucht in jeglicher Form, Depression, Burn Out usw.) nicht sehen, wahrnehmen ? Leider, dann nur gutgemeinte, aber hilflose Renaturierungsmaßnahmen, für Natur und Mensch anbieten, anstatt sich dem System von Profit/Macht/SUCHT in Gänze zu stellen. Immer wieder geht mir das Bild durch den Kopf, den geistig, emotionalen, egoistischen Papierkorb zu leeren oder noch besser ihn gar nicht zu füllen. Haiku des Tages: Flucht ist eine Möglichkeit, Standhalten ist auch eine. Gehen und bleiben zu können, nicht zu müssen, ist das Freiheit?


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